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Infos aus der Stuttgarter Wilhelma

Auffallend riesig: die Ohren der auch Fenneks genannten Wüstenfüchse aus Nordafrika – eine Anpassung an ihren heißen Lebensraum. Auffallend riesig: die Ohren der auch Fenneks genannten Wüstenfüchse aus Nordafrika – eine Anpassung an ihren heißen Lebensraum. Wilhelma

Buntes Blütentreiben in der winterlichen Wilhelma: Wo exotische Orchideen das ganze Jahr blühen
Eigentlich gibt es keine Jahreszeit, in der in der Wilhelma nicht irgendein Gewächs oder ein Pflänzchen blüht – dank der grünen Daumen des Gärtnerteams und der großen historischen Gewächshäuser. Eine besonders vielgestaltige, bunte bis bizarre Blütenshow führen hier die Orchideen selbst mitten im Winter auf: mit Blüten in allen Farben und Formen, von winzig bis üppig, von dezent bis skurril. Jeweils rund 100 der gerade am schönsten blühenden Vertreter wählen die Gärtner für die Schauvitrinen in Warmhaus, Wintergarten und Kakteenschauhaus aus – während etwa 7900 weitere Orchideen, meist als blütenfreie, unscheinbare Blattpflanzen, hinter den Kulissen auf ihren nächsten großen Einsatz warten.
Rund 8.000 Orchideen in über 1.260 Arten und Sorten hegt und pflegt die Wilhelma insgesamt – sie besitzt damit eine der bedeutendsten Sammlungen in Deutschland. Doch viel größer als jede Sammlung ist der Reichtum in der Natur: Weltweit gibt es nachweislich über 27.000 Orchideen-Arten, die nach oben offene Artenskala könnte aber bis gut 70.000 reichen, denn täglich werden neue Arten entdeckt. Orchideen bilden damit eine der größten Familien der Pflanzenwelt. Der Grund: Sie sind nicht nur schön, sondern auch sehr anpassungsfähig. Sie wachsen am Boden, auf Felsen oder als Epiphyten auf Bäumen – und das auf allen Kontinenten und in allen Klimazonen bis hinauf in Höhen von 4000 Metern. Die meisten Arten gedeihen zwar in den Tropen, aber einige überleben sogar oberhalb des nördlichen Polarkreises oder auf Inseln nahe des Südpols. Nur die Antarktis selbst und die Wüsten sind „orchideenfrei“. Auch in den vielfältigen Farben und Formen der Blüten zeigt sich die enorme Anpassungsfähigkeit dieser Pflanzen. Ob Röhren-, Schlüsselloch- oder Fallenblüten: Im Sinne der Fortpflanzung kann es nicht phantasievoll genug zugehen, denn jede Art ist bestrebt, sich die maßgeschneiderten Dienste von Bestäubungsexperten zu sichern: ob von Bienen, Fliegen, Ameisen, Käfern, Schmetterlingen oder Kolibris. Damit die Samen keimen und Nährstoffe erhalten, brauchen Orchideen überdies die Ammendienste eines Bodenpilzes. Ohne die Abhängigkeit von diesem zusätzlichen Helfer wäre die Welt womöglich mit Orchideen übersät. Denn die Kapseln tropischer Arten beherbergen vier bis fünf Millionen winziger Samen, hiesige immerhin bis zu 7000 Samen – ein enormes Kapital, um sich als Art erfolgreich verbreiten zu können.
In der Wilhelma sorgen weder Bienen noch Pilze für die Vermehrung der Orchideen, sondern die Gärtner. Untergebracht sind die Pflanzen hinter den Kulissen in vier Gewächshäusern, die passend zur Herkunft und den klimatischen Bedürfnissen der Pflanzen temperiert sind: 16 Grad Celsius herrschen im kühlsten, konstant 22 Grad im wärmsten Ersatzlebensraum. Und jedes Jahr kommen dank des Austauschs mit anderen botanischen Gärten neue Pflanzen, Arten und Sorten hinzu. Denn aus den unzähligen Wildformen haben begeisterte Orchideenzüchter längst hunderttausende Zuchtformen hervorgebracht. Einer der größten Orchideenfans war wohl der Botaniker John Lindley
(1799 – 1865), der die Pflanzen im 19. Jahrhundert erstmals klassifizierte und als Vater der modernen Orchideenkunde gilt. Auch viele Exemplare der Wilhelma tragen daher sein Kürzel „Lind.“ im Namen.

 

Noch mehr neue Chefs in der Wilhelma: Zwei neue Dschelada-Männer im Felsenrevier


Nicht nur der Zoologisch-Botanische Garten Wilhelma insgesamt hat aktuell einen neuen Chef  bekommen – auch bei den Dscheladas bzw. Blutbrustpavianen auf der Felsenanlage gab es einen Stabswechsel. Bei dieser Affenart aus den Hochgebirgen Äthiopiens sind allerdings gleich zwei neue potenzielle Oberhäupter eingezogen: die beiden 2007 in Zürich geborenen Pavianmänner „Hope“ und „Haryon“. Ihre Macht ist bislang aber keineswegs gefestigt. Vielmehr müssen sie sich als neue Haremschefs erst bewähren und die Weibchen für sich gewinnen.
Mit einem Alter von rund sieben Jahren und einer Lebenserwartung von bis zu 30 Jahren gelten sie zwar noch als junge Männer. Doch mit ihren Mähnen, großen Eckzähnen und roten Brustflecken sind auch Hope und Haryon schon recht stattliche Blutbrustpaviane. Den etwas älteren Hope erkennt man an dem üppigeren Fellmantel und einem fehlenden großen Eckzahn. Haryons Haartracht ist rund um den Kopf und am Rücken noch spärlicher, wodurch er etwas kleiner wirkt. Seit Dezember sind die beiden nun in der Dscheladagruppe auf der Felsenanlage, wo sie in die Fußstapfen zweier Männer treten sollen, die hier von 2009 bis Mitte 2013 erfolgreich für Nachwuchs sorgten. Der Grund für den Wechsel: Um Inzucht in den Pavian-Harems – „Harems“ nennen Zoologen Sozialstrukturen mit einem oder zwei Männchen und vielen Weibchen – zu vermeiden und eine gesunde genetische Vielfalt zu sichern, tauschen die Zoos nach Empfehlungen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms regelmäßig Tiere aus, bei Pavianen auch die Männer. Dabei gehören die aktuell 36 Wilhelma- Dscheladas zu den wichtigsten Zuchtgruppen in Europa – zumal die Art in ihrer Heimat Äthiopien stark bedroht ist und die Nachzucht in Zoos für sie überlebenswichtig werden könnte.
Auch Hope und Haryon sollen künftig zur Arterhaltung beitragen und ihre Gene weitergeben. Noch ist aber offen, ob beide zum Zug kommen werden. Denn bei Blutbrustpavianen herrscht „Damenwahl“ – die Weibchen entscheiden, welchem Mann sie sich anschließen. Finden beide Männer weibliche Fans, wird sich die Gruppe in zwei Clans aufspalten. Diese können unter geklärten Verhältnissen aber weiter gemeinsam auf der Anlage leben, die sie sich überdies mit Mähnenschafen und Klippschliefern teilen.
Auch in der Natur wechseln die Pavian-Oberhäupter regelmäßig und auch dort bringt dies anfangs viel Unruhe in eine Gruppe. Nicht selten töten die neuen Machthaber den Nachwuchs ihrer Vorgänger, um ihre eigenen Gene schneller verbreiten zu können – solche Infantizide kommen auch bei Gorillas oder Löwen vor. In der Wilhelma-Gruppe gibt es derzeit ebenfalls häufig Zoff: Bis der Clan sich neu formiert hat und wieder Ruhe einkehrt, können Monate vergehen. Immerhin sind bisher keine Verluste unter den aktuell 13 Ein- bis Zweijährigen zu beklagen, erste Infantizid-Versuche konnten die Weibchen vereiteln – eine Garantie für die Zukunft ist das nicht. Auffällig: Während an kalten Tagen die Tiere stärker zusammenkuscheln und weitgehend Friede herrscht, drängen an wärmeren Tagen die ungelösten Konflikte wieder stärker ans Licht, die Streitigkeiten nehmen zu. Auch die Strategien von Haryon und Hope unterscheiden sich: Während sich Hope offensiver ins Zeug legt und er sich bei den Weibchen durch Lippenschmatzen und via Fellpflege einzuschmeicheln versucht, hält sich Haryon bislang mehr zurück, beobachtet in Ruhe und trägt hin und wieder sogar den Nachwuchs spazieren.
Ob das eine besondere Masche von ihm oder nur sein Eroberungswille geringer ist, wird sich zeigen.

 

Zwei weibliche Wüstenfüchse in der Wilhelma eingezogen:

Überlebenskünstler mit kühlenden Riesenohren

Ein halbes Jahr nach dem Tod des Wüstenfuchspaares im Giraffenhaus sind dort wieder zwei der auch „Fenneks“ genannten Tiere eingezogen – zwei Weibchen. Sie heißen „Amani“, was auf Arabisch so viel wie „die Freude ins Haus bringt“ bedeutet und „Bashira“ – die gute Nachrichten bringt“. Und in der Tat dürfte das Comeback dieser hübschen und markanten Tiere in der Wilhelma ein Grund zur Freude und eine gute Nachricht für ihre vielen Fans unter den Besuchern sein.

Die Wüstenfüchsinnen Amani und Bashira wurden im Februar und Juli 2013 im Zoo des tschechischen Orts Olomouc geboren, sind Schwestern und es wurde höchste Zeit für sie, ihren Geburtsort zu verlassen – zumal dort ein Nachwuchs-Boom allmählich für Platzmangel sorgte. Für die Wilhelma eine gute Gelegenheit, als Asylanbieter einzuspringen und das seit Sommer 2013 verwaiste Gehege im Giraffenhaus neu zu besetzen. Hier leben die beiden jungen Fennek-Weibchen nun unter einem Dach mit Giraffen, Okapis, Siedelwebern und Kurzohrrüsselspringern in einem ihrer nordafrikanischen Wüstenheimat nachempfundenen Gehege.

Für ein Leben in den heißen Sandwüsten Nordafrikas hat die Natur die kleinen, schlanken Fenneks gut ausgestattet, zum Beispiel mit riesigen Ohren. Diese dienen den Wüstenfüchsen einerseits als sensible Schalltrichter, die noch das leiseste Geräusch auffangen – selbst von Beute, die sich unter dem Wüstensand regt. Andererseits funktionieren die Ohren wie „Klimaanlagen“: Die Blutgefäße darin erweitern sich bei Hitze und geben überschüssige Wärme ab. Was in der Wüste also hilfreich ist, wäre in der eisigen Arktis völlig unpraktisch und würde abfrieren – weshalb der dort lebende Verwandte, der Polarfuchs, sehr kleine Ohren besitzt. Doch die „Megalauscher“ sind nicht die einzige, wenngleich die augenfälligste Anpassungsleistung der Fenneks: Haarige Fußsohlen verhindern das Einsinken im heißen Sand und Verbrennungen. Und die Nieren dieser Tiere sind in der Lage, hochkonzentrierten Urin zu filtern und damit den Wasserbedarf auf ein Minimum zu senken. Diesen Bedarf decken die nacht- und dämmerungsaktiven Allesfresser vorwiegend aus der Nahrung, die aus Früchten, Knollen, Insekten und kleinen Wirbeltieren wie Mäusen, Eidechsen oder Vögeln besteht. In der Natur leben die Tiere meist in Paargemeinschaften und während der Aufzucht von bis zu fünf Jungen pro Wurf kümmert sich das Männchen um das leibliche Wohl und den Schutz von Mutter und Nachwuchs.

Gegen den Menschen sind die Schutzbemühungen jedoch machtlos: Wüstenfüchse werden seit jeher von der afrikanischen Bevölkerung als Nahrungs- und Felllieferanten geschossen, heute aber oft auch lebend gefangen, um sie auf Märkten als Heimtiere feil zu bieten. Obwohl sich die Tiere dafür aufgrund ihrer nächtlichen Lebensweise und ihres Fuchsgeruchs wenig eignen, werden sie wegen ihres niedlichen Aussehens oftmals gekauft. In dicht besiedelten Regionen sind sie daher schon selten geworden, insgesamt wird die Art bislang jedoch als „nicht gefährdet“ eingestuft.

 

Quelle: Wilhelma

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